Zwangserkrankungen – Der innere Drang, Zwänge auszuleben
Eine Zwangserkrankung ist eine sehr belastende psychische Problematik. Die Ursachen können sehr vielseitig sein. Der Grund, warum ein besonders einschneidendes Ereignis bei dem einen Menschen zu einer Zwangserkrankung führen kann, bei anderen nicht, ist nicht eindeutig festzustellen. Die Zwangserkrankungen äußern sich durch krankhafte Wiederholung von bestimmten Ritualen, wie Waschen, Zählen, Vorwärts-Rückwärts-Gehen, zwanghafter Kontrolle durchgeführter Tätigkeit, Ordnungszwang, der zum Selbstzweck wird, zwanghaftes Putzen, Kleider wechseln und mehr.
Bei allen Dingen, die Menschen mit Zwangserkrankungen zwanghaft ausüben, handelt es sich um normale Handlungen des alltäglichen Lebens. Es ist normal, für Sauberkeit zu sorgen, sich umzuziehen, die Hände zu waschen, Dingen einen Ordnungsplatz zuzuweisen, etwas zu zählen, zu berechnen, eventuelle Gefahren zu bedenken und die Richtigkeit einer getanen Arbeit zu kontrollieren. Bei Zwangserkrankten verselbstständigen sich solche normalen Handlungen. An die Stelle des normalen Ausübens bestimmter Handlungen tritt deren berechnete und ständige Wiederholung. Der Zwangskranke fühlt sich Gefahren ausgesetzt, wenn er seine Handlungen immer wieder ausführt, oft in bestimmter Anzahl. Zwangserkrankungen gehören zu den sehr häufigen psychischen Problemen. Es wird geschätzt, dass etwa eine bis zwei Millionen Menschen in Deutschland an Zwangserkrankungen leiden.
Fachgerechte Diagnose von Zwangserkrankungen ist wichtig
Im Unterschied zu etlichen psychischen Störungen, die die Betroffenen selbst gar nicht oder nur teilweise wahrnehmen, sind sich Menschen mit Zwangserkrankungen der Last ihrer Zwänge sehr wohl bewusst. Daraus darf jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass sie deshalb auch selbst etwas dagegen tun können. Es handelt sich um eine ernsthafte Erkrankung, die allein von willentlicher Steuerung nicht zu beeinflussen ist. Zwangserkrankte leiden unter dem Zwang, sind sie jedoch aus irgendwelchen Gründen gezwungen, den Zwang nicht ausüben zu können, so werden sie von Angst heimgesucht, dies könnte sofort ein furchtbares Ereignis nach sich ziehen. Vielfach sind die ausgeübten Zwänge mit Zählen verbunden. Die Erkrankten müssen sich zehnmal oder zwölfmal jeweils die Hände waschen, dreizehnmal nachsehen, ob das Kellerlicht aus ist, den Herde fünfmal ein- und ausschalten und so fort.
Der Zwang zu bestimmten Handlungen wird von Ängsten begleitet, dass im Falle, dass die Handlung nicht durchgeführt wird, etwas Katastrophales passiert. Zwangserkrankte gehen davon aus, dass sie mittels ihrer ritualisierten Handlungen in der Lage schlimmer Ereignisse, wie tödliche Krankheiten, extreme Unglückfälle und dergleichen, zu verhindern. Sie haben ein überdimensioniertes Kontrollbedürfnis. Im Laufe der Zeit nehmen die Zwangshandlungen an Häufigkeit zu, vielfach kommen weitere Zwangshandlungen hinzu.
Die Erkrankten fühlen haben eine falsche Einschätzung der eigenen Verantwortlichkeit, der eigenen Kontroll- und Verhinderungsmöglichkeiten, die mit einer realistischenGefahreneinschätzung und Gefahrabwehr nichts mehr gemeinsam hat. Sie fühlen sich von ihrenZwängen beherrscht. Das normale Alltagsleben und soziale Beziehungen werden zunehmend von den Zwängen eingeengt bis unmöglich gemacht. Die ungehinderte Berufsausübung ist oft nicht möglich. Das gesamte Denken und Handeln dreht sich nur noch um die Durchführung der Zwangshandlungen, die einen Großteil des Alltags einnehmen und ihn weitgehend bestimmen.
Therapie der Ursachen von Zwangserkrankungen
Zwangserkrankungen gehen oft einschneidende persönliche Erlebnisse oder solche des nahen sozialen Umfelds voraus. Durch neue Methoden der Untersuchung des Stoffwechsels im Gehirn haben aufgezeigt, dass Zwangspatienten in bestimmten Hirnregionen andere Aktivitätsmuster zeigen als Patienten mit anderen psychischen Störungen. Unter anderem liegt eine Überaktivität der Kommunikation zwischen Frontalhirn und tiefen Hirnstrukturen, den Basalganglien, vor, einhergehend mit zu niedrigen Werten von Serotonin. Somit wird neben der Psychotherapie, kognitiven Verhaltenstherapie, auch oft eine Serotonin-Therapie eingesetzt. Die genetischen Zusammenhänge sind nicht endgültig geklärt. Dennoch liegt vielfach ein ähnliches Krankheitsbild in der Familie vor.
Die Behandlung erfordert eine längere Therapie. Ein Problem ist, dass die Zwangserkrankten oft erst nach Jahren einen Arzt aufsuchen. Sie empfinden die Zwänge zwar als Leiden und hohe Belastung, jedoch fehlt meist die Erkenntnis, dem einen eigentlichen Krankheitswert zuzuschreiben. Auch Menschen im engeren Umfeld sehen leider oft in den Verhaltensweisen derBetroffenen erst sehr spät und nach ausreichender ärztlicher Aufklärung eine echte Erkrankung als Hintergrund. Noch immer herrschen Meinungen vor, dass die Zwangshandlungen durch bloßen Willen des Betroffenen zu durchbrechen sind. Das ist jedoch nicht der Fall. Es handelt sich um reale Erkrankungen, die unbedingt der Behandlung bedürfen.
Autoren & Experte: Wissenschaftlicher Beirat: Prof. Dr. med. Hermann Eichstädt, Berlin. Facharzt Innere Medizin & Kardiologie, Lebenszeitprofessor i.R. der Charité Berlin. Geschäftsführender Vorstand der Berlin- brandenburgischen Gesellschaft für Herz- und Kreislauferkrankungen e.V. Journalist: Horst K. Berghäuser Heilpraktiker: Felix Teske Literatur, Quellen und Verweise: Rationelle Diagnostik und Therapie in der Inneren Medizin Thieme Verlag Praktische Labordiagnostik - Lehrbuch zur Laboratoriumsmedizin, klinischen Chemie und Hämatologie Grönemeyers Buch der Gesundheit Hallesche Krankenversicherung