Trigeminus-Neuralgie – Was ist das?
Die Trigeminus-Neuralgie ist eine sehr seltene Krankheit. Von 100.000 Menschen leiden 40 an dieser Erkrankung, dabei ist das Verhältnis Männer zu Frauen 2:3. Die Wahrscheinlichkeit zu erkranken, beginnt mit dem vierzigsten Lebensjahr. Betroffen ist der Trigeminus-Nerv, der sich in drei Enden verzweigt, wenn der die Schädelbasis verlässt. Seine Aufgabe ist die Reizweiterleitung im kompletten Gesichtsbereich an das Gehirn. Wenn dieser Nerv geschädigt wird, kommt es zu fast unerträglich starken Gesichtsschmerzen, die, obwohl sie oft nur weniger Sekunden andauern, den Betroffenen sehr beeinträchtigen und die Lebensqualität durch die permanente Angst vor einer neuen Attacke vermindern.
Die Trigeminus-Neuralgie entsteht, wenn der Nerv, meist durch ein angrenzendes Blutgefäß berührt wird. Durch den hierbei entstehenden Druck wird die empfindliche Nervenscheide verletzt und der Nerv wird unwillkürlich gereizt. Resultat dieser Reizentladung sind äußerst schwere Schmerzen im Gesichtsbereich. Sie treten meist einseitig auf und erstrecken sich vorwiegend über Ober- und Unterkiefer, Wangen, Nase und Kinn. Die Schmerzen sind so stark, dass die Betroffenen teilweise mit dem Kopf gegen die Wand laufen.
Unterschiedliche Erscheinungsformen der Trigeminus-Neuralgie
Bei der Trigeminus-Neuralgie wird zwischen zwei Formen unterschieden. Während die klassische Trigeminus-Neuralgie von einem Wechsel zwischen Schmerzanfällen und schmerzfreien Phasen geprägt ist, kann bei der symptomatischen Form der Schmerz zum Dauerzustand werden und die Attacken unterbrechen den ohnehin vorliegenden Dauerschmerz.
Die Ursache der klassischen Trigeminus-Neuralgie ist meist der Druck eines Blutgefäßes auf den Nerv. Dieser Berührungspunkt kann entstehen, wenn durch eine Arteriosklerose Schlagadern durch Verkalkung dicker und starrer werden. Die Nervenscheide, die den Nerv schützt und von der Umgebung isoliert, wird dadurch beschädigt. Bei der symptomatischen Trigeminus-Neuralgie ist die Erkrankung ein Symptom. Der Nerv ist entzündet, Auslöser dieser Entzündung kann zum Beispiel Multiple Sklerose sein, aber auch Tumore (gut- und bösartige) oder Gefäßfehlbildungen (Angiome) können zu der Entzündung führen.
Die Schmerzen, die Erkrankte aushalten müssen, sind kaum vorstellbar und es gibt kaum etwas, was die Intensität dieser Schmerzen übertrifft. In der Regel kommen die Schmerzattacken spontan und dauern nur wenige Millisekunden an, mitunter kann eine Attacke aber auch bis zu zwei Minuten dauern. Es gibt keine wirklichen Vorhersagen, welche Gesichtsmuskel-Bewegungen einen Anfall auslösen können. Typisch sind allerdings Alltagshandlungen wie Zähne putzen, Sprechen, Lachen, Kauen und Schlucken. Man kann sich leicht vorstellen, dass ein Erkrankter all diese Bewegungen zu vermeiden sucht.
Störungen des Essverhaltens
Oft wirkt sich das auch unmittelbar auf seine körperliche Konstitution aus, da die Betroffenen aus Angst vor einer Attacke nicht mehr essen und trinken. Allerdings kann auch schon ein Luftzug oder eine unwillkürliche Zuckung den Prozess in Gang setzen und den Anfall auslösen, so dass die Betroffenen unter ständigem Stress und ständiger Angst stehen.
Um eine Trigeminus-Neuralgie zu diagnostizieren, müssen bestimmte Sachverhalte abgefragt werden, auch um die Erkrankung anderer Gesichtsorgane auszuschließen. Zahnschmerzen können zum Beispiel ebenso starke Schmerzen verursachen und auch die Augen oder die Nasennebenhöhlen sind erst einmal in Betracht zu ziehen.
Auch die Lokalisierung der Störstelle des Nervs ist nicht unbedingt offensichtlich. Schon auf seinem Weg durch das Gehirn kann der Nerv geschädigt bzw. gereizt werden, zum Beispiel durch einen Hirntumor der Druck auf den Nerv ausübt. Auch eine postzoterische Neuralgie, die Folge einer Gürtelrose ist und ebenfalls starke Schmerzen verursachen kann, muss ausgeschlossen werden.
Trigeminus-Neuralgie kann verwechselt werden
Eine weitere potentielle Verwechslungsmöglichkeit mit der Trigeminus-Neuralgie besteht mit dem Cluster-Kopfschmerz, bei dem der Schmerz jedoch meist zeitlich (nachts) und örtlich (Augen) begrenzt ist.
Wenn nun die Diagnose Trigeminus-Neuralgie gestellt wurde, ist zu untersuchen, um welche der beiden Formen es sich handelt. Auch wenn dies teilweise bereits aus der Ausprägung der Krankheit ersichtlich wird, ist eine Computertomografie (CT) bzw. eine Kernspintomografie (MRT) angebracht, um absolute Gewissheit zu erlangen. Erstere bestätigt evtl. den Verdacht auf eine symptomatische Erkrankung, das MRT kann bei der klassischen Form den Ort des Blutgefäß-Nerv-Kontakts sichtbar machen. Wenn sich nun der Verdacht der Trigeminus-Neuralgie als Symptom der Multiplen Sklerose verdichtet, wird dies durch eine Lumbalpunktion nachgeprüft.
Die Therapie gestaltet sich schwierig
Die Trigeminus-Neuralgie zu therapieren bzw. die Symptome zu lindern, ist nicht leicht, da die Schmerzen unvorhersehbar sind und nur in ganz kurzen Attacken auftreten. Eine Schmerztablette hilft also aufgrund der relativ langen Wartezeit bis zum Beginn der Wirkung wenig. Bevor mit einer medikamentösen Behandlung begonnen wird, sollte in jedem Fall ein Facharzt aufgesucht werden, um ernsthafte Erkrankungen auszuschließen. Wenig sinnvoll ist es, einfach ein beliebiges Schmerzmittel auszuprobieren.
Die medikamentöse Therapie nutzt Carbamazepin, das am häufigsten verwendete Epilepsiemittel zur Verminderung der Anfälle. Phenytoin, ein weiteres Epilepsiemedikament und Pimozid, ein Neuroleptika werden zur Behandlung im Akutfall angewandt. Wenn die Trigeminus-Neuralgie als Symptom einer Multiplen Sklerose diagnostiziert wird, wird Misoprostol angewendet, das für die Therapie von Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren eingesetzt wird. Früher hat man den kranken Nerv durchtrennt, davon ist jedoch abzuraten, da einerseits Gesichtslähmungen und andererseits noch stärkere Schmerzen die Folge sein können.
Verschiedene Therapieformen
Eine recht erfolgreich praktizierte chirurgische Therapie ist die mikrovaskuläre Dekompression. Nach Lokalisierung des Blutgefäß-Nerv-Kontakts durch ein MRT wird an der entsprechenden Stelle ein Kissen aus Kunststoff eingelegt. Diese Operation wird unter Vollnarkose ausgeführt und hat eine Erfolgsquote von 98%. Während bei dieser Methode durch eine Schädelöffnung hinter dem Ohr gearbeitet wird, wird bei der perkutanen Operation durch die Haut der Nerv in seiner Erregbarkeit beeinträchtigt.
Diese Methode hat jedoch bei weitem nicht die hohen Erfolgsaussichten. Eine weitere chirurgische Methode sind die so genannten Ganglion-Gasseri-Techniken. Sie werden bei örtlicher Betäubung immer dann angewandt, wenn eine Vollnarkose nicht möglich ist. Mit Hitze oder Alkohol wird das Nervenknäuel zerstört, um die Schmerzweiterleitung zu unterbinden. Die Erfolgsquote liegen bei 95%, jedoch besteht das Risiko des Dauerschmerzes bei einem Prozent der Eingriffe.
Eine nicht chirurgische Therapieform stellt die Radiochirurgische Therapie dar, bei der der Trigeminus-Nerv mit einem Strahlenfeld bestrahlt wird. Dieser Eingriff hat in einigen Fällen fast sofortigen Erfolg (innerhalb von 24 Stunden), dieser kann sich aber auch erst nach einigen Monaten einstellen. Eine Trigeminus-Neuralgie sollte auf jeden Fall so schnell wie möglich behandelt werden. Die starken Schmerzen beeinträchtigen die Lebensqualität des Betroffenen ungemein und können im schlimmsten Fall zu Selbstmordgedanken führen.
Gleichgültig, für welche Therapie man sich entscheidet, eine Garantie für vollständige Schmerzfreiheit besteht nicht, zu beachten ist weiterhin, dass oft auch ohne weitere Therapien die Schmerzfreiheit über längere Zeit andauern kann. Bei ca. 30% der Betroffenen tritt nur eine einzige Attacke überhaupt auf.
Autoren & Experte: Wissenschaftlicher Beirat: Prof. Dr. med. Hermann Eichstädt, Berlin. Facharzt Innere Medizin & Kardiologie, Lebenszeitprofessor i.R. der Charité Berlin. Geschäftsführender Vorstand der Berlin- brandenburgischen Gesellschaft für Herz- und Kreislauferkrankungen e.V. Journalist: Horst K. Berghäuser Heilpraktiker: Felix Teske Literatur, Quellen und Verweise: Rationelle Diagnostik und Therapie in der Inneren Medizin Thieme Verlag Praktische Labordiagnostik - Lehrbuch zur Laboratoriumsmedizin, klinischen Chemie und Hämatologie Grönemeyers Buch der Gesundheit Hallesche Krankenversicherung