Halluzinationen – Die gestörte Wahrnehmung der Umwelt
Historisch, kulturell und spirituell wird mit Halluzinationen unterschiedlich umgegangen. Abhängig von religiösen Einflüssen wurden Halluzinationen historisch, sowohl in der westlichen Kultur wie auch afrikanischen, asiatischen und amerikanischen Kulturen, vielfach als Gesichte, Wahrnehmungen durch göttliche Fügung erklärt. Menschen, die „Erscheinungen“ oder hörbare Mitteilungen wahrnahmen, galten als von Gott oder Göttern auserwählt, bevorzugt, heilig. Solchen „Erscheinungen“ wurde häufig eine Aussage für zukünftige Ereignisse oder die Wertung menschlichen Verhaltens in einer Zeit zugeordnet, wenn sie sich in positiver Weise darstellte.
Dagegen wurden irreale Wahrnehmungen mit negativem Charakter, also Angst einflößenden Erscheinungen, das Sehen von Teufelsfratzen, Stimmen, die zu schlechten Handlungen aufriefen, psychische Krankheiten, die einhergehend mit Halluzinationen Menschen aggressiv machten, als teuflisch benannt. Oft wurden Menschen, die unter solchen Halluzinationen litten, rituellen Handlungen mit Züchtigungscharakter zur Heilung unterzogen oder sogar getötet.
Der Wiener Nervenarzt Freud ordnete die Halluzinationen jedweder Art der Schizophrenie zu. Im späteren Verlauf psychiatrischer, psychologischer Theorien hat sich die Zuordnung von Halluzinationen als ausschließlicher Bestandteil psychischer Erkrankungen verfestigt. Heute wird diese Sichtweise mehr und mehr hinterfragt. Grundlage ist die Erkenntnis, dassSinnestäuschungen und Trugbilder auch bei Menschen vorkommen, die keine weiteren psychischen Auffälligkeiten zeigen.
Arten von Halluzinationen zwischen Stimmen, Photomen und Geschmäckern
Bei den Halluzinationen werden insbesondere die akustischen Halluzinationen (Stimmen, Geräusche hören), die visuellen (Bilder, Photome wie Blitze), gustatorischen (geschmackliche), takilen (Tast- und Berührungswahrnehmung), vestibulären (gleichtsgewichtsbestimmt) und leiblichen unterschieden. Dabei muss gesehen werden, dass das menschliche Gehirn so manchen Streich spielen kann. Überreiztheit der Nerven durch zu viele Sinneseindrücke, Schlaflosigkeit, Überforderung durch Stress, enorme Ereignisse können Überreaktionen und Fehlleitungen hervorrufen, bei denen es zu Wahrnehmungen kommt, die in der realen Welt nicht oder derzeit nicht vorhanden sind.
Bekannt sind allseits die Halluzinationen bei Rauschzuständen aller Art, in absichtlich herbeigeführten Ekstasen, bei langem Nahrungs- und Flüssigkeitsentzug, Reizentzug, dem Einfluss bestimmter Medikamente. Bei solchen Erscheinungen handelt es sich um Spiegelungen von Bildern, Empfindungen und Hören, die faktisch wie ein Traum im Wachzustand ablaufen.
Unter all diesen nicht realen Wahrnehmungen ist das Stimmenhören besonders verbreitet. Insbesondere bei Kindern zwischen dem 4. und 10. Lebensjahr werden häufig Stimmen gehört. Dies ist kein Ausdruck der Abnormalität, sondern eine Begleiterscheinung der tatsächlichen Wahrnehmung, deren eigentliche Ursachen noch nicht gänzlich erklärt sind. Ohne krankhaften Hintergrund haben diese Kinder vielfach imaginäre Spielkameraden, Beschützer, Ratgeber, die sie hörbar begleiten. Das Stimmenhören kann lebenslang anhalten oder von selbst noch vor der Pubertät verschwinden. Ein Großteil von Menschen, die ab und zu oder häufig Stimmen hören, ist psychologisch unauffällig.
Viele Menschen können mit den Stimmen umgehen. Dies ist besonders dann der Fall, wenn diese weder beängstigend noch befehlsgebend sind. Gegen die freundlichen Begleiter, die murmeln, mal dazwischenreden oder in Zeiten tiefer Stille zu hören sind, muss keine Abneigung bestehen. Die Stimmen können einer Figur mit Namen gehören, es können Chorstimmen sein, die nur murmeln, Stimmen, die mit dem Hörenden in den Dialog treten, aber auch diffuseStimmgeräusche, ohne einzelne Wörter oder Sätze.
Klassifizierung von Halluzinationen nach deren Krankheitsbild
Halluzinationen sind bei bestimmten psychischen Krankheiten anzutreffen, insbesondere derSchizophrenie, Demenzerkrankungen, Suchterkrankungen, Manie und Mischformen von psychischen Erkrankungen. Behandelt wird in dem Fall die Erkrankung, nicht die Halluzination. Eine medikamentöse Therapie, auf die speziell Halluzinationen ansprechen sollen, ist dann erforderlich, wenn die Halluzinationen einen Leidensdruck verursachen, die Betroffenen ängstigen oder Stimmen Befehle für schädliche Handlungen, teils sogar dem Suizid, erteilen. In solchen Fällen stehen jedoch die auftretenden visuellen Eindrücke immer in Verbindung mit einer sonstigen psychischen Erkrankung.
Ebenso können Stimmenhören und visuelle Bildwahrnehmungen nach krankhaften Hirnschädigungen, Verletzungen oder bei Tumoren auftreten, in einigen Fällen auch nach einer Tumoroperation. Dann sind die Halluzinationen meist nicht therapeutisch vollkommen zu beseitigen. Neben Medikamenten werden Psychotherapien eingesetzt, um den Umgang mit den Phänomenen zu erleichtern. Besonders beim Stimmenhören ist die Dunkelziffer groß, da die Menschen meist nicht darüber sprechen, weil sie nicht als „nicht normal“ gelten möchten. Bei Kindern verdient das Stimmenhören besonders dann Beachtung, wenn weitere psychische Auffälligkeiten vorliegen, das Kind merklich unter den Stimmen leidet, sich ängstigt und Alltagssituationen meidet, um den Stimmen zu entgehen oder wenn traumatische Ereignisse vorausgingen.
Autoren & Experte: Wissenschaftlicher Beirat: Prof. Dr. med. Hermann Eichstädt, Berlin. Facharzt Innere Medizin & Kardiologie, Lebenszeitprofessor i.R. der Charité Berlin. Geschäftsführender Vorstand der Berlin- brandenburgischen Gesellschaft für Herz- und Kreislauferkrankungen e.V. Journalist: Horst K. Berghäuser Heilpraktiker: Felix Teske Literatur, Quellen und Verweise: Rationelle Diagnostik und Therapie in der Inneren Medizin Thieme Verlag Praktische Labordiagnostik - Lehrbuch zur Laboratoriumsmedizin, klinischen Chemie und Hämatologie Grönemeyers Buch der Gesundheit Hallesche Krankenversicherung