Darmdivertikel – Ausstülpungen im Dünn- und Dickdarm
Darmdivertikel (von lat. Diverticulum = Abweichung) sind Ausstülpungen an Wänden von Hohlorganen, wie beispielsweise dem Dünn- oder Dickdarm, die eine birnen-, pilz- oder sackartige Form haben. Neben ihrem häufigen Vorkommen im Darm können Divertikel auch in der Harnblase oder in der Speiseröhre auftreten. Darmdivertikel können bei einem Menschen bereits angeboren sein oder aber sie werden im Laufe des Lebens erworben, zumeist begünstigt durch den Genuss von faser- und ballaststoffarmen Speisen in Verbindung mit mangelnder Bewegung, Übergewicht oder auch chronischer Verstopfung.
In solch einem erworbenen Fall ist bei den Divertikeln vielfach von einer typischen „Zivilisationskrankheit“ die Rede. Auch mit fortschreitendem Alter (und dem damit verbundenen mit der Zeit immer stärker werdenden Abschwächen der Organwände) kann die Entstehung von Darmdivertikeln einher gehen. Entsteht im Inneren eines Hohlorgans größerer Druck oder ziehen Strukturveränderungen des Bindegewebes, wie beispielsweise äußerliche Vernarbungen, an dessen Wand, so geben deren Schwachstellen nach kurzer Zeit nach und wölben sich nach außen vor. Ist die Wand eines Organs in ihrer Gesamtheit vorgewölbt, wird von einem echten, im Allgemeinen bereits angeborenen, Divertikel gesprochen.
Dieses ist vergleichsweise selten und tritt nur einzeln auf. Ist dagegen nur die innere Wandschicht des Hohlorgans, die aus Schleimhaut besteht, vorgewölbt, so spricht der Fachmann vom so genannten Schleimhautprolaps oder auch Pseudodivertikel. Diese oftmals in größerer Zahl im Dünn- oder Dickdarm auftretenden erbsen- bis kirschgroßen Auswölbungen werden bei entsprechender Häufigkeit auch als Divertikulose bezeichnet. Wird ein Divertikel im Darm durch Stuhlgang verschlossen, kann sich im Divertikelhals eine Entzündung ausbilden, die als Divertikulitis bezeichnet wird. Zumeist wird man dann auch erst auf die ansonsten relativ symptomlosen Darmdivertikel aufmerksam.
Solange sie entzündungsfrei bleiben und auch ansonsten keine Beschwerden verursachen, braucht im Allgemeinen nichts gegen die Ausstülpungen unternommen zu werden. In Asien und Afrika treten Darmdivertikel, selbst bei Menschen höheren Alters, wesentlich seltener auf, was darauf schließen lässt, dass die in europäischen Ländern vorherrschenden Ernährungsgewohnheiten ihrerseits einen bestimmten Beitrag zur Divertikelbildung leisten.
Welche Ursachen haben Darmdivertikel in aller Regel?
Die genauen Ursachen für die Entstehung von Darmdivertikeln liegen bis heute im Dunkeln. Es wird jedoch angenommen, dass sie sich durch ballaststoffarme Ernährung und damit einhergehende erhöhte Druckverhältnisse im Inneren des Darms, vor allem des Dickdarms, an Schwachstellen der Darmwand ausbilden. Wird dem Körper über einen längeren Zeitraum faser- und ballaststoffarme Kost zugeführt, so entsteht im Darm deutlich weniger Stuhlgang, als wenn Fasern und Ballaststoffe bei der Ernährung überwiegen. Um den wenigen Stuhl im Darm überhaupt vorwärts bewegen zu können, muss sich der Darm jetzt stark zusammenkrampfen.
Dabei erhöhen sich die Druckverhältnisse im Darminneren. An bestimmten Schwachstellen, wie zum Beispiel dort, wo sich Gefäße durch die Darmwand ziehen, lässt die Elastizität des sie umgebenden Bindegewebes mit zunehmendem Alter nach. Hier kann infolge der erhöhten Druckverhältnisse nun Schleimhaut durch die erschlaffte Bindegewebsschicht gepresst werden und zur Entstehung eines Darmdivertikels beitragen. Da im Dickdarm dem darin befindlichen Stuhl Wasser entzogen und sein Volumen dadurch noch verringert wird, ist dieser Darmabschnitt wesentlich stärker von der Druckerhöhung betroffen, als der Dünndarm. Dünndarmdivertikel treten darum vergleichsweise selten auf. Lediglich 0,5 Prozent der deutschen Bevölkerung sind im Laufe ihres Lebens davon betroffen. Wesentlich häufiger, bei etwa 50 Prozent der über 60-jährigen, findet man die Ausstülpungen im Dickdarm, und hier vor allem im S-förmigen letzten Abschnitt des Mastdarms vor.
Darmdivertikel verursachen teils schmerzhafte Beschwerden
Im Allgemeinen werden Darmdivertikel vom Betroffenen kaum wahrgenommen. Bei Dünndarmdivertikeln kann es mitunter zu Bauchschmerzen, Völlegefühl oder auch Durchfällen kommen. So genannte Fettstühle können durch die Divertikel bedingte Ansammlung von Bakterien im Dünndarm und eine daraufhin einsetzende Störung der Fettverdauung entstehen. Fettlösliche Vitamine, wie Vitamin A, E, D und K können in einem solchen Fall nicht mehr richtig vom Körper aufgenommen werden. Häuft sich das Vorkommen von Fettstühlen können in verstärktem Maße Vitaminmangelzustände die Folge sein. Darüber hinaus bilden sich oftmals Bakterien, die für den Abbau von Vitamin B12 und Folsäure sorgen, welche für die Bildung von Roten Blutkörperchen benötigt werden. Langfristig gesehen kann dies eine Anämie (Blutarmut) nach sich ziehen.
Dickdarmdivertikel verursachen in den meisten Fällen bei von ihnen Betroffenen ebenfalls kaum Beschwerden. Es kann vermehrt zu Blähungen, Verstopfungen oder auch zu Durchfällen kommen. Entzündet sich ein Divertikel und kommt es zu einer Diverkulitis, so kann schwereres Krankheitsempfinden mit Fieber, Schmerzen (zumeist im linken Unterbauch) und verändertem Stuhlverhalten als Folge der Entzündung beim Patienten entstehen.
So kann ein Darmdivertikel diagnostiziert und therapiert werden
Divertikel im Dünndarmbereich werden häufig zufällig während einer Röntgenuntersuchung mit Kontrastmitteln oder während einer Blinddarmoperation entdeckt. Im Dickdarm werden zumeist Divertikel vermutet, wenn ein oftmals älterer Patient unter starken Blähungen oder unter wiederkehrender Verstopfung leidet. Oftmals steckt hinter solch einem Krankheitsbild eine Divertikulose, die gesichert mit Hilfe einer Darmspiegelung, sowie mit einer Röntgenuntersuchung festgestellt werden kann. Solch eine Untersuchung wird sicherheitshalber auch deswegen durchgeführt, um die mögliche Divertikulose von einem Reizdarmsyndrom oder von einer wesentlich gefährlicheren ernsthaften Tumorerkrankung im Bereich des Dickdarms zu unterscheiden.
Vor dem Einleiten von geeigneten Maßnahmen zur Feststellung der Darmdivertikel gibt ein Gespräch über die Ernährungsgewohnheiten des Patienten dem Mediziner bereits erste Aufschlüsse über die mögliche Ursache der vorab geschilderten Beschwerden. Klagt ein Patient über Schmerzen im linken Unterbauch, so kann durch Abtasten des Bereiches und über die Erstellung eines Blutbildes eine mögliche Diverkulitis festgestellt werden. Eine Darmspiegelung kann auch hier genaueren Aufschluss über das Ausmaß der Problematik geben, muss jedoch mit äußerster Vorsicht durchgeführt werden, da bei dem entzündeten Gewebe zumeist erhöhte Durchbruchgefahr besteht.
Solange Darmdivertikel keine Beschwerden verursachen, ist keine Behandlung erforderlich. Um jedoch bereits vorzeitig Probleme zu vermeiden, sollte nach einer entsprechenden Diagnose die Ernährung auf faser- und ballaststoffreiche Kost umgestellt werden. So kann man nicht nur die Bildung weiterer Divertikel verhindern, sondern auch möglichen Entzündungen vorbeugen. Auch das Trinken von mindestens zwei Litern Wasser oder von anderen gut verwertbaren Flüssigkeiten, wie Fruchtschorlen oder Tees, sollte gewährleistet sein. Kommt es trotz allem, oder weil die Divertikel bis zu jenen Zeitpunkt noch nicht erkannt wurden, zu einer entzündlichen Diverkulitis, so wird diese im Allgemeinen durch die Gabe von Antibiotika und einen kurzzeitigen Ernährungsstopp behandelt. Während dieser Zeit wird der Patient in der Regel über Infusionen ernährt. Kommt es zum wiederholten
Male zum Ausbruch einer Diverkulitis, möglicherweise mit der zusätzlichen Gefahr eines Darmdurchbruches aufgrund einer Bauchfellentzündung oder einer schweren Darmblutung, so muss durch den behandelnden Mediziner die Möglichkeit einer Entfernung des betreffenden Darmabschnittes in Erwägung gezogen werden. In der Regel sind die Patienten nach einer erfolgreich verlaufenen Operation und der Entfernung des Divertikels beschwerdefrei. Obwohl die genauen Ursachen für die Entstehung von Darmdivertikeln noch nicht vollständig geklärt sind, wird ein starker Zusammenhang zwischen einem ungesunden Ernährungsverhalten mit wenig körperlicher Betätigung und der Erkrankung vermutet. Deshalb wird Patienten, bei denen bereits eine Divertikelbildung festgestellt wurde, zu einer Ernährungsumstellung, zur ausreichenden täglichen Zufuhr von Flüssigkeit und zu sportlicher Betätigung für die Eindämmung der damit verbundenen Risiken geraten. Gemeinhin kann diese Empfehlung jedoch auch allen gesunden Menschen, vor allem im fortgeschrittenen Alter, gegeben werden. So kann man einem möglichen Erkrankungsrisiko von vorn herein mit angemessener Vorbeugung begegnen.
Autoren & Experte: Wissenschaftlicher Beirat: Prof. Dr. med. Hermann Eichstädt, Berlin. Facharzt Innere Medizin & Kardiologie, Lebenszeitprofessor i.R. der Charité Berlin. Geschäftsführender Vorstand der Berlin- brandenburgischen Gesellschaft für Herz- und Kreislauferkrankungen e.V. Journalist: Horst K. Berghäuser Heilpraktiker: Felix Teske Literatur, Quellen und Verweise: Rationelle Diagnostik und Therapie in der Inneren Medizin Thieme Verlag Praktische Labordiagnostik - Lehrbuch zur Laboratoriumsmedizin, klinischen Chemie und Hämatologie Grönemeyers Buch der Gesundheit Hallesche Krankenversicherung